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Wie soll ich das allein entscheiden – Ethikberatung als Chance

19. September 2024 in der Kreisbibliothek Eutin
Sebastian Heinlein, Palliativ Care Pfleger, Ethikberater,
1. Vorsitzender Mobile Ethikberatung im Gesundheitswesen für Schleswig-Holstein e.V. (MEGSH)

Wie soll ich das allein entscheiden – Ethikberatung als Chance
Sebastian Heinlein stellt im Rahmen seines Vortrages die Mobile Ethikberatung im Gesundheitswesen für Schleswig-Holstein e.V. (MEGSH) vor, die 2021 auf Initiative der Ärztekammer SH, der Pflegeberufekammer SH und des Palliativnetzes Travebogen ins Leben gerufen wurde.

In der Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen gibt es Situationen, die ratlos machen, schwer auszuhalten sind oder nicht hinnehmbar erscheinen.
Insbesondere, wenn die Fähigkeit zur Selbstbestimmung am Lebensende brüchig wird und Menschen nicht mehr für sich sprechen können, kann die Suche nach der besten Lösung Unsicherheiten bereiten. Die Ethikberatung informiert, gibt Orientierung, moderiert in diesen Situationen und kann Lösungswege aufzeigen.
Anhand eines Fall-Beispiels zeigt Sebastian Heinlein die sehr unterschiedlichen Perspektiven und Standpunkte der Angehörigen, der Pflegenden und der Ärzte auf. Alle Standpunkte sind logisch nachvollziehbar.

Bei der Pflege sowie der medizinischen Versorgung am Lebensende gilt also, die Balance zwischen Fürsorge und Achtung der Selbstbestimmung zu finden. Die Ethikberatung möchte Handelnde in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung unterstützen.

Da eine Heilung nicht mehr möglich ist, sind die Therapieziele am Lebensende Lebenszeitverlängerung, Verbesserung bzw. Erhalt der Lebensqualität durch Symptomlinderung und schließlich das Ermöglichen eines Sterbens in Würde.

Sebastian Heinlein zeigt anhand eines Schaubildes, wie Ärzte ihr Team, die Patienten und deren Angehörige bei der Festlegung medizinischer Maßnahmen miteinbeziehen. Ziel ist eine angemessene Behandlung. Hierbei gibt es weder ein alleiniges Behandlungsrecht des Arztes noch eine alleinige Wunschbehandlung des Patienten. Eine Behandlung gegen den Willen des Patienten ist allerdings eine strafbare Körperverletzung.

Unter Umständen muss auch in Erwägung gezogen werden, dass eine Maßnahme „futile" (Substantiv: Futility), also wirkungs- oder aussichtslos ist.
Dies muss von ärztlicher Seite begründet sein und ggf. transparent gemacht werden.
Patienten könnten mit der Forderung einer aus ihrer Sicht sinnvollen Maßnahme ihre eigene – verbliebene – Kraft beweisen wollen, Angehörige ihre Liebe zum Kranken.

Viele Patienten wünschen noch lange, dass ihnen wie auch immer geartete Hoffnung vermittelt wird. Futility erkennt an, dass Aussicht auf Verbesserung, auf Lebensverlängerung nicht mehr zu erwarten ist.

Auch Geld wird bei diesen Entscheidungen eine Rolle spielen. Über günstige Therapien wird selten gestritten.

Im Weiteren geht Sebastian Heinlein näher auf Geschichte, Struktur und Möglichkeiten der Mobilen Ethikberatung im Gesundheitswesen für Schleswig-Holstein (MEGSH) ein.

Außerdem setzt er sich kritisch mit den tatsächlichen Auswirkungen einer Standard-Patientenverfügung im medizinischen Alltag auseinander.

Detlev Seibler

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